Nach der Operation

Aufenthalt auf der Intensivstation

Nach jedem größeren Eingriff müssen die Kinder für einige Tage (in seltenen Fällen auch länger) intensivmedizinisch überwacht werden (Monitoring). Nach Palliativeingriffen oder Totalkorrekturen muß sich der Körper an die neuen Herz-Kreislauf-Verhältnisse gewöhnen.

Alle Komplikationsmöglichkeiten müssen kontinuierlich überwacht werden, damit im Notfall schnell ärztliche Hilfe erfolgen kann. Die Atmosphäre auf der Intensivstation der Gießener Universitäts-Kinderklinik ist für unvorbereitete Eltern oftmals erschreckend, denn das Kind liegt meist im künstlichen Schlaf regungslos im Bett und ist an Schläuchen und Kabeln angeschlossen. In den anderen Bettchen liegen ähnlich verkabelte Kinder, oft auch winzige Frühgeborene in ihren Brutkästen. Auch die Geräusche sind neu: Monitore schlagen häufig piepend Alarm und Beatmungsmaschinen rauschen.

Julius nach seiner Herzoperation auf der Intensivstation in Gießen

Doch die Kabel und Schläuche führen zu Maschinen, die die Vitalfunktionen des Kindes überwachen (Atmung, Puls, Sauerstoffsättigung, Blutdruck) oder aufrechterhalten (Beatmungsgerät, Magensonde, Blasenkatheter).

Wer die Funktionen dieser Geräte verstanden hat, legt die Angst vor der technisierten Umgebung leichter ab. Deshalb möchten wir hier einige dieser Geräte vorstellen und die Situation auf der Intensivstation im Gießener Kinder-Herzzentrum erklären.

Schutzkleidung

Das Personal der Gießener Intensivstation trägt rote Schutzkleidung. Auch die Eltern müssen vor dem Betreten der Station die dafür bereitstehenden Kittel überziehen, und sich die Hände unter Ablage von Schmuck und Uhren waschen und desinfizieren. So sind die Kinder vor eingeschleppten Erregern weitgehend geschützt. Die Eltern transplantierter Kinder müssen – besonders unmittelbar nach der Transplantation – noch strengere Hygienevorschriften beachten, weil das Immunsystem ihrer Kinder medikamentös geschwächt wurde, um eine Organabstoßung zu verhindern.

Geräte und Apparate

Die wichtigsten Überwachungsgeräte, an die das Kind angeschlossen ist, liefern ihre Daten zum Monitor, der direkt am Bett steht. Zusätzlich werden sie an einen zentralen Monitor auf der Station übermittelt. Der Monitor zeigt je nach Notwendigkeit die Herzschläge, den Atemrhythmus und die Sauerstoffsättigung im Blut an und gibt beim Erreichen eines der eingestellten Grenzwerte Alarm. Das bedeutet nicht gleich Lebensgefahr, erfordert aber zumindest eine Kontrolle des Kindes und der Anschlüsse, die eine Ursache eines Fehlalarms sein können.

Während der Narkose ist das Kind nicht fähig, selbst zu atmen. Die künstliche Beatmung übernimmt daher – auch für einige Zeit nach der Operation – ein Beatmungsgerät, das gefilterte, angewärmte und befeuchtete Beatmungsgase über einen speziellen Schlauch (Tubus) in die Lunge bringt. Die Atemvolumina und Atemintervalle, die der Patient benötigt, sind individuell programmierbar. Ebenso die Menge an zusätzlichem Sauerstoff.

Durch die künstliche Beatmung ist der Abfluß von Sekret aus den Atemwegen behindert und das Abhusten von Schleim nicht möglich. Mit einem Absauggerät und einem Absuagkatheter werden die Luftwege von störenden Sekreten wieder befreit.

Unmittelbar nach einer Herzoperation treten Herzrhythmusstörungen meist nur vorübergehend auf. In den meisten Fällen muß eine zu langsame Herzfrequenz (Bradykardie) durch Stimulation von außen kompensiert werden. Für kurze Zeit verbleiben daher Herzschrittmacherkabel am Patienten, um bei Bedarf mit einem externen Herzschrittmacher eine ausreichende Herzfrequenz zu erreichen. Die meisten Ursachen für Erregungsbildungs- und Erregungsleitungsstörungen liegen in einer Schwellung des Operationsgebietes oder einer vorübergehenden Schwächung des Herzmuskels durch Narkosemedikamente und durch den zeitweisen Sauerstoffmangel.

Venöser zugang am Kopf
Venöser zugang am Kopf

Für die Zufuhr von Flüssigkeits- und Medikamentenlösungen in den Blutsrom ist ein venöser Zugang notwendig. Er kann am Arm oder am Bein des Kindes gelegt werden. An ihn wird der zentrale Infusionsschlauch angeschlossen, in den alle Perfusorenschläuche münden. Über den venösen Zugang kann jederzeit Blut angenommen werden, ohne das Kind erneut stechen zu müssen. Bei Säuglingen wird der venöse Zugang schon mal am Kopf gelegt, weil andere Venen schlechter zugänglich sind.

Perfusorenbaum
Perfusorenbaum

Benötigt der Körper permanente Infusionslösungen, so werden diese dem Körper mit Hilfe einer programmierbaren Infusionspumpe (Perfusor) über den venösen Zugang zugeführt. So ist die Durchflußmenge exakt steuerbar. Der bekannte »Tropf« wird nur bei größeren Flüssigkeitsmengen und nicht vorgeschriebener Dosierung pro Zeiteinheit verwendet. Da jede Lösung eine eigens steuerbare Einheit benötigt, werden zahlreiche Infusionspumpen an einem Ständer untereinander angebracht. Sie münden aber alle in einen Schlauch, der zum venösen Zugang führt.

Das Pulsoxymeter überwacht die Sauerstoffsättigung der roten Blutkörperchen und den Pulsschlag des Kindes. Der Sensor, der rot leuchtet, weil er photometrisch funktioniert, wird an der Hand oder am Fuß angeklebt und verursacht keine Schmerzen. Bei gesunden Menschen beträgt die Sauerstoffsättigung nahezu 100 Prozent. Mancher unkorrigierte Herzfehler verursacht eine Vermischung von sauerstoffreichem und sauerstoffarmem Blut, weil der Lungen- und der Körperkreislauf nicht getrennt sind. Kinder mit solchen Herzfehlern haben eine mehr oder weniger blaue (zyanotische) Hautfarbe (besonders deutlich zu erkennen am Munddreieck) und eine Sauerstoffsättigung deutlich unter 100 Prozent (meist zwischen 75 und 85 Prozent). Dieser Umstand ist ein Grund für die verringerte Leistungsfähigkeit dieser Kinder.

Zur Ableitung von Wundsekret werden nach medianer Eröffnung des Brustkorbes einige Drainageschläuche gelegt. Die Menge der abgeleiteten Flüssigkeit wird regelmäßig überprüft und nimmt normalerweise stetig ab.

Zur Gewährleistung einer regelmäßigen und kontrollierten Blasenentleerung wird ein Blasenkatheter gelegt.

Aussehen des Kindes

Nach einer Herzoperation können die Kinder verändert aussehen, weil sie im Gewebe Wasser eingelagert haben. Vor allem das Gesicht wirkt aufgedunsen. Doch dieses Wasser wird durch harnfördernde Medikamente (Diuretika) wieder ausgeschwemmt.

Manchmal wird der Brustkorb der Kinder nicht gleich nach der Operation verschlossen. Dann ist er steril abgedeckt und wird einige Tage später verschlossen.

Ein bislang blaß bis bläulich aussehendes Kind kann nach einer Korrektur-Operation eine rosige Gesichtfarbe bekommen. Dies ist sicher kein alarmierendes Zeichen, aber zumindest ein auffälliges Merkmal des Operationserfolgs.

Sollten Sie andere Auffälligkeiten bemerken, fragen Sie bitte das Stationspersonal.

Stillen

Das Stillen von Säuglingen ist während ihres Aufenthaltes auf der Intensivstation meist nicht möglich. Die Mutter kann aber ihre Milch abpumpen. Das Kind erhält die Milch dann über die Magensonde. Eine elektrische Milchpumpe steht im Elternraum der Kinder-Intensivstation zur Verfügung.

Besuch

Die Besuchszeiten auf der Intensivstation sind von 8.00 Uhr bis 20.00 Uhr. Nur die Eltern dürfen auf die Station Nach Absprache mit der Stationsleitung oder zuständigen Schwestern können auch Großeltern oder andere Angehörige zu Besuch kommen. Für die übrigen Besucher gibt es den Besucherbalkon.

Eltern werden in die Pflege ihrer Kinder nach Möglichkeit eingebunden, um den Kontakt so intensiv wie möglich aufrecht zu erhalten. Eltern können jederzeit anrufen. Die Telefonnummer erhalten sie bei der Aufnahme ihres Kindes.